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Phänomenal am Puls der Zeit: Neun Jahre nach ihrer Absetzung wurde die dänische Politdramaserie «Borgen» reaktiviert.
Maliziöses Lächeln: Premier- und Aussenministerin (r.) sind sich spinnefeind.
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Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist, sagt der Volksmund. Das diente dem dänischen Staatsfernsehen DR vor zehn Jahren wohl als Leitfaden, als es die Politdramaserie «Borgen» nach drei Staffeln absetzte, obwohl sie international enorm beliebt war.
2010, als «Borgen» geboren wurde, war die europäische Serienlandschaft noch eine ganz andere: Streamingdienste kannte man allenfalls vom Hörensagen. Und die sechsteilige Politserie «House of Cards», mit der Netflix noch hohe Wellen schlagen sollte, war noch nicht mal in Auftrag gegeben. Heute munkelt man, bei DR habe damals die Devise gegolten, eine Serie nach drei Staffeln zu beenden, um sie nicht gegen die Wand zu fahren.
«Borgen» erzählte mit viel Insiderwissen von den Strategien und Intrigen in der dänischen Regierung. Von Unterjochung, Machtsucht und Abhängigkeiten – und der Rolle der Medien als vierte Gewalt. Ausgangspunkt der Erzählstränge war die Ministerpräsidentin Birgitte Nyborg, gespielt von Sidse Babett Knudsen.
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Die Fangemeinde bedauerte das Ende von «Borgen» sehr. Umso grösser war die Freude, als letztes Jahr DR mit Hilfe von Netflix die Serie aus der Versenkung holte und Neues von Nyborg erzählte.
Die 53-Jährige hat inzwischen den Posten der Aussenministerin bezogen, wo sie und ihre Moderate Partei sich für den Klimaschutz und gegen die Ausbeutung neuer fossiler Brennstoffe starkmachen. Doch dann stösst man in Grönland, das politisch zum Königreich Dänemark gehört, auf Öl. Viel Öl! Der Wert des Fundes wird auf 1,8 Billionen Dänische Kronen geschätzt (ca. 230 Mrd. Franken). Die Inselbewohner erhoffen sich davon mehr Unabhängigkeit und Geld für die marginalisierte Bevölkerung des Inuit-Teilstaates.
Nun geraten die Ministerpräsidentin Signe Kragh (Johanne Louise Schmidt) und Nyborg aneinander und streiten sich um die Zuständigkeit für den Ölfund in Grönland. Während Kragh mit funkelnden Dollarzeichen in den Augen für die Bohrungen plädiert, hält Nyborg mit dem Klimaschutz dagegen.
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Dazwischen steht Katrine Fønsmark (Birgitte Hjort Sørensen): Als neue Chefin des Fernsehsenders TV 1 ist sie darum bemüht, die Einschaltquoten zu steigern. Erst recht, als ihr brisante Informationen zugespielt werden: Eine anonyme Quelle bezichtigt die Ministerpräsidentin der Vetternwirtschaft.
Nyborg stösst dafür auf pikante Details zum grönländischen Ölkonzern, der offenbar mit russischem Oligarchen-Geld hantiert. Man ahnt es: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und seine politischen Auswirkungen flossen bereits in die Drehbücher der vierten «Borgen»-Staffel ein.
««Borgen» ist Serienhandwerk erster Güte und hat weder an Brisanz noch Brillanz eingebüsst.»
tele.ch
Birgitte Nyborg ist Politikerin mit Leib und Seele und eine exzellente Strategin. Obwohl sie nur die besten Absichten für Dänemark, die Menschen und die Natur hegt, operiert sie zuweilen zwielichtig und schreckt auch vor miesen Tricks nicht zurück, um die eigenen Machtgelüste zu befriedigen. Damit befindet sie sich in bester Gesellschaft – sowohl in der eigenen Partei als auch mit der Premierministerin, die sich gerne strahlend auf Social Media präsentiert.
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Die Funktion der Medien in der Politarena ist ebenfalls wieder Thema. Neu hinzu kommt nun noch deren sinkende Glaubwürdigkeit in Zeiten von Fake News, Facebook und Tiktok.
Im Gegensatz zu den Anfängen der Serie, als Sidse Babett Knudsen eine quirlige Idealistin mimte, jung und zweifache Mutter, zeigt sich nun eine einsame Frau in der Midlife-Crisis: Die Kinder und auch der Mann sind aus dem Haus. Unübersehbar hat der raue politische Alltag Körper und Seele der taff auftretenden Nyborg versehrt.
Auch das wiederauferstandene «Borgen» ist Serienhandwerk erster Güte, hat weder an Brisanz noch Brillanz eingebüsst. Es fasziniert wie eh und je mit erstklassig und viel Liebe zum Detail geschriebener und gespielter Fiktion.
Die ersten vier Folgen der neuen Staffel, die unter dem Titel «Borgen – Macht und Ruhm» läuft, zeigt Arte als Free-TV-Premiere am Stück, ebenso die Folgen 5 bis 8 in der darauf folgenden Woche.
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Übrigens: «Borgen» (zu deutsch: Burg) nennen die Dänen umgangssprachlich den Sitz des Parlaments, des Regierungschefs und des Obersten Gerichtshofs im Schloss Christiansborg in Kopenhagen.
Arte | Politdramaserie | 4. Staffel | DK 2022
Mit Sidse Babett Knudsen, Johanne Louise Schmidt, Birgitte Hjort Sørensen
Do., 7. September 2023 (1–4/8), 21.40 Uhr
Do., 14. September 2023 (5–8/8), 21.40 Uhr
1. Staffel: Die Parlamentswahlen in Dänemark stehen an, wobei die Anführer aller politischen Lager ihre Ansprüche auf den Posten des Ministerpräsidenten anmelden. Doch ein Streit unter den Favoriten führt dazu, dass die Wähler ihre Stimmen der Aussenseiterin Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) geben und sie zur Premierministerin wählen. Bald gerät die zweifache Mutter mitten in eine Staatsintrige.
DR2. Staffel: Nachdem Nyborg den Truppenrückzug aus Afghanistan angekündigt hat, verüben die Taliban einen Anschlag auf dänische Soldaten. Alle Augen sind auf die nächsten Schritte der Premierministerin gerichtet. Sie steht vor der schwierigsten Entscheidung ihrer bisherigen Amtszeit. Krisenlage herrscht auch in Nyborgs Privatleben: Ihr Mann drängt sie dazu, die Scheidungspapiere zu unterschreiben.
DR3. Staffel: Zweieinhalb Jahre nach ihrer Niederlage bei den von ihr ausgerufenen Neuwahlen hat Birgitte Nyborg sich ins Privatleben zurückgezogen. Nun zieht es die ehemalige Premierministerin erneut auf Dänemarks politische Bühne. Ihr Nachfolger will das verhindern. Unterstützung findet Nyborg bei Katrine (Birgitte Hjort Sørensen), die als Moderatorin beim Fernsehsender TV 1 arbeitet.
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Der Trailer zur 4. Staffel «Borgen»
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