Schuldgefühl & Seelenpein

Sofia Helin, das darf mit Fug und Recht behauptet werden, hat in der schwedisch-dänischen Krimiserie «Die Brücke» einen TV-Meilenstein gesetzt. Von 2011 bis 2018 gab sie die so brillante wie schroffe Ermittlerin Saga Norén, der wegen des Asperger-Syndroms jegliche soziale Feinmotorik abgeht, mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht.

Die heute 51-Jährige überlegte sich lange, ob sie wieder eine Polizistin spielen solle. Der entscheidende Grund, die titelgebende Rolle in der Krimiserie «Iris – Die Wahrheit» zu übernehmen, hiess Camilla Ahlgren! Diese war eine der Drehbuchautorinnen von «Die Brücke» gewesen – und auch hier wieder 
mit von der Partie.

Iris Broman wird von Stockholm in Schwedens Süden versetzt und übernimmt bei der Kripo Malmö die Leitung der Abteilung für ungeklärte Fälle. Und ein solcher Cold Case flattert sogleich auf Iris’ Tisch: Jugendliche finden im Wald ein menschliches Skelett. Bald erhärtet sich der Verdacht, dass es sich um einen vor 20 Jahren verschwundenen Teenager handelt. Und: Der Schädel weist eindeutig Spuren von Gewalt auf.

Iris macht sich sogleich an die Ermittlungen. Denn Tatverdächtige gibt es einige: ein Baulöwe mit dubioser Vergangenheit, eine frustrierte Lehrerin sowie ein Kleindealer, der eine konfliktreiche Beziehung zum Opfer pflegte.

Doch dieser Kriminalfall tritt bald in den Hintergrund, um Iris’ persönlichem Drama Platz zu machen. Bevor sie nach Malmö kam, war sie Zeuge geworden, wie ihr Kollege und Lebensgefährte erschossen wurde – von einer Kugel, die für sie bestimmt war. Der Täter wurde nie gefasst, und Iris plagen Schuldgefühle. In ihren Gedanken und Albträumen durchlebt sie die traumatische Szene immer und immer wieder. Als ob das nicht bedrückend genug wäre, kommen noch Erbschaftsprobleme mit der Schwägerin und das angespannte Verhältnis zu ihrer Schwester hinzu.

«Iris» ist bei weitem nicht so düster, wie man sich das von skandinavischen «Nordic Noir»-Stoffen gewohnt ist. Die packende sechsteilige Krimiserie besticht aber durch ihren Erzählfluss und verfügt über eine grandiose, wenn auch verbitterte Ermittlerfigur. Ihretwegen zieht man insgeheim auch ständig Vergleiche mit «Die Brücke». Die Erkenntnis: Die sagenhafte Saga Norén bleibt unerreicht.