Ring frei!

Wie verwandelt man eine Tiroler Traumhochzeit in ein Pulverfass? Regisseur und Grimme-Preisträger Jan Georg Schütte führt es uns vor. Im Zentrum des Sechsteilers stehen Influencerin Jäcki (Luise von Finckh) und ihr Bräutigam Lukas (Felix Kreutzer), die ihr Hochzeitsfest als Social-Media-Event vermarkten wollen. Zwischen Reichweitensteigerung und Ringtausch prallen Selfie-Ästhetik und Stammtischkultur so heftig aufeinander, dass selbst die Hochzeitsband aus dem Takt gerät.

Devid Striesow, Anja Kling und Martin Brambach treten als hypereuphorische, dreiköpfige Braut-Schwiegerfront auf, die schon beim Apéro im Nobelhotel die Familien-Fusion bejubelt. Tobias Moretti hingegen blickt als vermögender Bräutigam-Vater schon bald mit Argwohn auf den vermeintlich schönsten Tag im Leben seines Sohnes. Stichwort: Ehevertrag! Inszeniert wird das ganze Spektakel von Jäckis Freundin Simone (Lena Klenke), die aber ihre ganz eigenen Interessen verfolgt.

Dass die Dialoge mal spröde, mal bemüht, dann aber auch überraschend frisch wirken, hat einen simplen Grund: Jan Georg Schütte verzichtete komplett auf ein Drehbuch und händigte seinen Schauspielern lediglich ihre Rollensteckbriefe aus. Und gedreht wurde die komplette Staffel in rekordverdächtigen zwei Tagen. Merkt man das? Nun, das Resultat kann mal ein hitzig-witziger Wortwechsel sein, dann wiederum schaut man peinlich berührt dem betretenen Schweigen zu. Und doch macht genau diese Unvorhersehbarkeit den Reiz aus.

«Die Hochzeit» ist kein Hochglanz-Drama, sondern ein chaotischer Familienzirkus, in dem jeder versucht, die Kontrolle zu behalten und dabei doch immer wieder über die eigenen Fallstricke stolpert. Wer das Impro-Experiment eingeht, erlebt eine bissige, komische Feldstudie darüber, was passiert, wenn Liebe auf Logistik und die gnadenlose Selfie-Kamera trifft.