Der digitale Grusel hat Hochkonjunktur. Seit Edward Snowden und Julian Assange ist das Gefühl der permanenten Überwachung nicht mehr Ausdruck von Paranoia, sondern zur alltäglichen Realität geworden. Ein idealer Nährboden für das Thrillergenre.
Der Sechsteiler «Logout – Von Hackern gejagt» (im franz. Original: «Intraçables») wagt den Spagat: Die von RTS und TF 1 produzierte Serie geht auf eine verzwickte Jagd durch die Westschweiz und erzählt gleichzeitig eine Familiengeschichte über Trauer und Verrat. Das Ergebnis ist ein Genremix, der ambitioniert anläuft und nur zu Beginn an der Schere zwischen thematischem Anspruch und inszenatorischer Umsetzung zu scheitern droht. Es bessert dann.
Im Fokus steht Giulia Conforti (Sofia Essaïdi), deren Leben sieben Jahre nach dem vermeintlichen Unfalltod ihres Mannes durch eine Reihe merkwürdiger Vorfälle erneut aus den Fugen gerät. Plötzlich ist sie Ziel eines ominösen Hackers namens Jezebel, der jeden ihrer Schritte zu verfolgen scheint. Er infiltriert Überwachungssysteme, verdreht Beweise, löscht Spuren und erzeugt ein Klima der Verunsicherung, das nicht nur Giulia, sondern auch die Behörden in die Irre führt.
Giulia ergreift darauf mit ihrem pubertierenden Sohn die Flucht. Achille (Arcadi Radeff), der selber über Hacker-Kenntnisse verfügt, ist ganz und gar nicht begeistert. Giulia erkennt entsetzt, dass sie keine digitalen Spuren hinterlassen darf, und begibt sich ohne Smartphone, Computer oder Tablet und ohne Kreditkarten auf eine Roadmovie-artige Odyssee.
Ein Logout aus der vernetzten Welt – das ist ein reizvoller Ansatz, der das Dilemma unserer Zeit auf den Punkt bringt. Wie verschwindet man, wenn man als «gläserner Bürger» auf Schritt und Tritt getrackt wird? Diese existenzielle Dringlichkeit war die treibende Kraft , wie es Produzent Philippe Coeytaux formuliert. «Ich hatte gerade die Netflix-Doku ‹The Social Dilemma› gesehen, bei der sich ein Satz in mein Gedächtnis eingebrannt hat: ‹Wenn es gratis ist, bist du das Produkt!› Genau da erhielt ich eine E-Mail mit dem Pitch zur Serie.» Coeytaux wunderte sich noch über diesen Zufall, war aber auch sofort vom Stoff und dem vielversprechenden Ansatz begeistert. Der Wunsch, «ein so wichtiges Thema zu behandeln und gleichzeitig die Zuschauer zu unterhalten», erschien Coeytaux «als überaus sinnvolle und wichtige Aufgabe».
Die Serie glänzt dort, wo sie den menschlichen Kern dieser wachsenden Bedrohung freilegt. Das Verhältnis zwischen Giulia und Achille – geprägt von Kommunikationsschwierigkeiten und unterdrückter Trauer – bildet das emotionale Rückgrat. Die malerischen, oft aber auch beklemmenden Westschweizer Schauplätze unterstreichen die Isolation der Flüchtigen. Hier liege eine der Stärken der Serie, findet Produzent Coeytaux. «Die Handlung bleibt selbst für jene zugänglich, die über keinerlei Kenntnisse von Informationstechnologie verfügen.» Denn es gehe
vor allem um die Geschichte von Mutter und Sohn, «die wider Willen in ein gefährliches Abenteuer hineingezogen werden».
Während die Geschichte die beklemmende Frage nach unserer digitalen Abhängigkeit stellt, wird die Handlung langsam um eine neue Ebene erweitert. Je tiefer Giulia und Achille in die Westschweiz vordringen, desto mehr seltsame Spuren aus der Vergangenheit treten zutage. War der Tod von Giulias Mann vielleicht doch kein Unfall?
«Logout – Von Hackern gejagt» beweist, dass eine Thrillerserie auch mit lokalem Fokus funktionieren kann, obwohl sie zwischenzeitlich gegen einige Längen ankämpft. Am Ende zählt die Geschichte. Und die hält das Publikum bis zum dramatischen Finale gefangen. SRF strahlt die ersten drei Folgen des Sechsteilers am Samstag ab 22.50 Uhr aus und den Rest am Montag ab 23.05 Uhr. Die komplette Staffel ist ab sofort auch auf dem Streamingdienst Play Suisse abrufbar.
Logout – Von Hackern gejagt
SRF 1 | Thrillerserie
Mit Sofia Essaïdi, Arcadi Radeff, Irène Jacob
1.–3. Folge: Samstag, 13. Dezember 2025, 22:50 Uhr
4.–6. Folge: Montag, 15. Dezember 2025, 23:05 Uhr
Alle 6 Folgen sind auch auf dem Streamingdienst Play Suisse abrufbar