SRF 2 – «L'ultim Rumantsch»

Der böse Onkel Gion ist zurück

Die 2. Staffel der TV-Serie «L’ultim Rumantsch» hat mehr Drama, düsterere Bilder und einen neuen Sendeplatz. Was sonst noch neu ist, erzählt uns Drehbuchautor und Regisseur Adrian Perez.

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Infolge Missmanagement droht Gion (Marco Luca Castelli) sein Familienunternehmen zu verlieren.

Infolge Missmanagement droht Gion Durisch (Marco Luca Castelli) sein Familienunternehmen zu verlieren.

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Die Bündner Verlegerfamilie Durisch kommt nicht mehr zur Ruhe. Mit brüchiger Würde versucht Chef Gion (Marco Luca Castelli) die abgewirtschaftete Firma «Medias Grischunas» zu retten. In einer (Medien-)Krise steckt auch seine Nichte Ladina (Annina Hunziker): Die einstige Idealistin wird von Gewissensbissen geplagt, weil sie «La Posta» einstampfen liess. Darum gründet sie kurzerhand eine neue Zeitung.

Dazwischen steht Ladinas Mutter Andrietta (Marietta Jemmi), die Schwester von Gion, die am ramponierten Ruf des Familienunternehmens fast verzweifelt. Als die hauseigenen Druckmaschinen infolge von Gions Missmanagement plötzlich stillstehen, wird die Lage noch ungemütlicher: Die Übernahme durch einen Zürcher Medienkonzern scheint unvermeidbar. Und Onkel Gion gerät auch im privaten Bereich ins Straucheln.

Man ahnt es schon: Die zweite Staffel der rätoromanischen Dramaserie «L’ultim Rumantsch» taucht tiefer in die familiären und moralischen Abgründe des Bündner Clans ein. «Wir sind vom Konzept einer Hauptfigur weggekommen», erzählt Regisseur und Drehbuchautor Adrian Perez. «Nun stehen drei Menschen im Zentrum, die sich verloren haben und am Ende gezwungen sind, sich neu aufzustellen. Das ist der grosse Staffelbogen.»

Visuell schlägt Perez düsterere Töne an: harte Schatten, dystopische Bilder. Der 47-Jährige hat sich für einen Neo-noir-Stil entschieden: «Es geht um existenzielle Kämpfe. Um Figuren, die am Rand stehen, und um das, was sie dort sehen, wenn sie hinunterblicken.» Das Familiendrama spielt in der Vorweihnachtszeit, jener Phase zwischen Sehnsucht und Erschöpfung. «Die Adventszeit hat etwas Bittersüsses», findet Perez, «einerseits ist sie besinnlich, mit Licht und Wärme, andererseits überladen und dunkel. Und genau in dieser Spannung brechen die Figuren auseinander.» Weihnachten wird zum Symbol familiärer Überforderung.

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Zusätzlichen Zunder liefern Ladinas Recherchen zu einer Story, die sie bis nach Genua führen: Per Zufall droht ein dunkles Familiengeheimnis an den Tag zu kommen.

Auch thematisch werden neue Wege beschritten. Während es in Staffel 1 neben dem Zeitungssterben um Feminismus und Wokeness ging, dominiert nun das moralische Dilemma. «Ladina ist sich zwar treu geblieben, boxt ihre Prinzipien aber nicht mehr stur durch», sagt Perez. Wenn sie etwa eine Rede mit «Meine Damen bis Herren» beginnt, fällt der subversive Seitenhieb auf Genderdebatten erst beim zweiten Hinhören auf. Eine Anrede, die er bei SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser abgekupfert habe, gibt Perez augenzwinkernd zu.

Sprachlich bleibt die Serie ein rätoromanisch-bündnerdeutscher Hybrid, wobei die Figuren aus der Situation heraus entscheiden, wann sie welche Sprache verwenden. «Wir haben uns nie überlegt, wie viele Untertitel man dem Publikum zumuten darf», sagt Perez. Damit sei es mittlerweile ja vertraut.

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Punkto Programmierung ist man nochmals über die Bücher gegangen: Da die erste Staffel zwar viel positive Resonanz, aber quotenmässig keine Freudentänze auslöste, wird die Serie nun vom undankbaren Sendeplatz am Sonntag-Vorabend auf den Mittwoch in die Primetime gehievt. Zudem zeigt SRF 2 gleich alle fünf Folgen am Stück. Das hat laut Perez Vor- und Nachteile: «Ich bin halt ein klassisches Fernsehkind und mag es, wenn zwischen den Folgen eine Woche Zeit verstreicht, um das Gesehene zu verarbeiten.» Doch die Streaming-Logik rufe nach anderen Rhythmen: «Drei Stunden am Stück – das ist intensiv, aber es zeigt, wie sich die Sehgewohnheiten verändert haben.»

Soll «L’ultim Rumantsch» auch als Plädoyer für rätoromanische (Sprach-)Kultur verstanden werden? Perez: «Wenn das so ankommt, finde ich das natürlich prima. Aber unsere Geschichte könnte sich überall abspielen: in Bern, Zürich oder auch in einem Hotel im Oberwallis.» Er habe sicher keinen Heimatfilm drehen wollen – «und schon gar keine Quotenserie».

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Darf man denn schon laut über eine dritte Staffel nachdenken? Adrian Perez zuckt mit den Schultern: «Jetzt müssen wir zuerst mal schauen, wie gut die zweite läuft.» Ein Cliffhanger für eine mögliche Fortsetzung wurde jedenfalls schon mal eingebaut.

Adrian Perez

Adrian Perez (47), Regisseur und Drehbuchautor, hat an der Uni Genf Internationale Beziehungen studiert und wohnt in Zürich.

Adrian Perez (47), Regisseur und Drehbuchautor, hat an der Uni Genf Internationale Beziehungen studiert und wohnt in Zürich.

ZVG
Adrian Perez (47), Regisseur und Drehbuchautor, hat an der Uni Genf Internationale Beziehungen studiert und wohnt in Zürich.

Adrian Perez (47), Regisseur und Drehbuchautor, hat an der Uni Genf Internationale Beziehungen studiert und wohnt in Zürich.

ZVG

L'ultim Rumantsch

SRF 2 | Dramaserie | 2. Staffel

Mit Marco Luca Castelli, Annina Hunziker, Marietta Jemmi

Mittwoch, 12. November 2025, 20:10 Uhr; alle 5 Folgen am Stück (auch auf Play Suisse)

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Der Trailer

Über die Autoren
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Mischa Christen

Mischa Christen

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