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Die Drama-/Mysteryserie «Hundertdreizehn» schildert sechs Schicksale, die von einem fatalen Busunfall überschattet sind.
Wie kam’s zum fatalen Unfall? Anne (Lia von Blarer) und Jan (Robert Stadlober) ermitteln.
ORFWerbung
Es gibt Serien, die erzählen Geschichten, und es gibt Serien, die versuchen ein gesellschaftliches Phänomen in etwas Mythisches zu verwandeln. Der in Zusammenarbeit mit dem ORF produzierte ARD-Sechsteiler «Hundertdreizehn» gehört definitiv in die zweite Kategorie.
Dreh- und Angelpunkt ist ein schwerer Busunfall auf einer Berliner Autobahn, der mehrere Todesopfer fordert. Der Titel verweist auf die Zahl aus einer Studie des deutschen Bundesverkehrsministeriums: Wenn jemand einen tödlichen Unfall erleidet, sind im Schnitt 113 Menschen davon betroffen: Angehörige, Freunde, Einsatzkräfte, Augenzeugen, Behörden etc.
Rick Ostermann inszeniert den Unfall nicht nur als Katastrophe, sondern formt ihn zu etwas Eigenständigem. Dabei widmet sich jede Folge einer anderen Person. So wirkt «Hundertdreizehn» fast anthologisch mit episodischen Hauptfiguren und ist zugleich durchzogen von einem unsichtbaren roten Faden: den Ermittlungen, den Geheimnissen der Beteiligten und der quälenden Frage, wie es zum fatalen Unfall kam.
Anne Goldmundt (Lia von Blarer) wird auf den Fall angesetzt. Die kalt und introvertiert auftretende Ermittlerin ist spezialisiert auf Selbstmordattentate und Amokfahrten. Doch bald fällt auf, dass sie etwas zu verbergen hat. Ist sie gar persönlich vom Unfall betroffen? Im Gegensatz dazu steht ihr Kollege Jan Auschra (Robert Stadlober), der es durch sein Einfühlungsvermögen und seine umsichtige Art schafft, die vielen Schicksale der Opfer zu durchleuchten, ohne ihre Würde anzutasten.
Überhaupt lebt «Hundertdreizehn» von seinen Figuren, die stellvertretend für die vielen anderen «113» stehen: ein lesbisches Paar, zwei Kinder, ein traumatisierter Feuerwehrmann, die Familie des verstorbenen Busfahrers und der Busfahrer (Felix Kramer) selber, dessen Doppelleben aufzufliegen droht. Oder bereits aufgeflogen ist? Dann ist da noch Richard Born. Armin Rohde spielt den Mann mit Alzheimer-Demenz im frühen Stadium sehr sensibel und ohne die üblichen Klischees zu bedienen. Born hat den Unfall von seinem Büro aus beobachtet. Doch seine Krankheit sät erhebliche Zweifel an seinen Schilderungen …
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Die Erzählweise bricht mit Konventionen. Statt linear voranzuschreiten, kreisen die Episoden immer wieder um den Unfall, springen zurück in die Vergangenheit und setzen Puzzleteilchen erst spät zusammen. Das ist herausfordernd, komplex, manchmal irritierend, aber genau darin liegt der Reiz. Die Serie eröffnet Räume für Interpretationen und erzeugt einen unwiderstehlichen Sog, sodass man die zwischenzeitlichen schauspielerischen oder inszenatorischen Durchhänger rasch vergisst. Produzent Moritz Polter betont, «dass ‹Hundertdreizehn› wie aus einem Guss» wirken sollte, nicht wie sechs voneinander losgelöste Kurzfilme. Und doch hat jede Episode eine andere Tonlage, ihr eigenes Gesicht und Schicksal.
ORF 1 ist zuerst dran und bringt jeweils drei Folgen am Montagabend (6. und 13. Oktober). Bei der ARD kann man sich die Serie dafür gleich an zwei Abenden hintereinander ansehen: 14. und 15. Oktober.
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Atmosphärisch und auch musikalisch erinnert die deutsch-österreichische Koproduktion gerade am Schluss jeder Episode stark an die Netflix-Mysteryserie «Dark». Düster hallt eine metaphysische Schwere nach. Keine Auflösung. Kein Trost. Nur die böse Ahnung, dass hinter dem Offensichtlichen noch weit mehr lauert.
Dramaserie
Mit Lia von Blarer, Robert Stadlober, Armin Rohde
Folgen 1–3:
Montag, 6. Oktober., 20.15 Uhr, ORF 1
Dienstag, 14. Oktober., 20.15 Uhr, ARD
Folgen 4–6:
Montag, 13. Oktober., 20.15 Uhr, ORF 1
Mittwoch, 15. Oktober., 20.15 Uhr, ARD
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