Sie steht vor der Kamera, seit sie drei Jahre alt ist, und hat den heiklen Übertritt ins Erwachsenenalter spielend gemeistert. Ohne Skandale. Auch die andere schwierige Phase war kein Problem für sie: Während viele Schauspielerinnen jenseits der vierzig abgesägt werden, ist Jodie Foster mit ihren 61 Jahren populär wie eh und je.
Für ihren neusten Coup übernahm sie die Hauptrolle in der HBO-Anthologieserie «True Detective», wo sie als ehrgeizige Polizistin mitten in der Polarnacht Alaskas einen Mehrfachmord lösen muss. Foster spielt eine permanent missmutige und fluchende Polizistin. Eine Figur, die nicht weiter weg von ihrer eigenen Persönlichkeit sein könnte. Ihr 24-jähriger Schauspielkollege Finn Bennett nennt sie eine «unglaublich geduldige, warmherzige und freundliche Person».
Mit Tele.ch sprach die zweifache Oscar-Gewinnerin über die Dreharbeiten von «True Detective», wie es war, als Frau im Showbiz zu bestehen, und was sie jüngeren Kollegen/-innen mit auf den Weg gibt.
Tele.ch: Sie waren schon lange nicht mehr in einer Serie zu sehen. Wie ist es dazu gekommen?
Jodie Foster Das stimmt. Zuletzt stand ich Mitte der 70er für eine Serie vor der Kamera. Nur Regie habe ich ab und zu geführt. Nun, ich wollte auf die richtige Rolle warten. Und hier kam sie. Ich durfte zusammen mit der Regisseurin und Autorin Issa López den Charakter dieser Polizistin entwickeln. López ist die beste Regisseurin, mit der ich je zusammengearbeitet habe. Sie ist witzig und unverkrampft, bleibt dabei aber stets superprofessionell.
Was hat Sie an der Rolle dieser Polizistin so fasziniert?
Dass sie so unausstehlich ist: unglaublich egoistisch, unsensibel und irgendwie rassistisch. Doch mit der Zeit versteht man, warum sie so wurde, wie sie ist. Angst, Verlust und Schmerzen sind die Ursachen für diesen Groll in ihr.
Sie haben mitten im Winter in Island gedreht. Wie war das?
Oh ja, das waren lange, kalte und dunkle Dreharbeiten. Manchmal fror ich so sehr, dass mein Kiefer blockiert war und ich kaum sprechen konnte. Vor jedem Auftritt stopfte ich Heizpads in Mütze und Stiefel. Aber wirklich arm dran war die Crew. Wir Schauspieler konnten in den drehfreien Stunden wenigstens im Wohnwagen sitzen und heissen Tee oder Kaffee trinken, während sich die Crew draussen in der Kälte abplagen musste.
«Diese wunderbaren Männer behandelten mich wie ihre Tochter oder Schwester.»
Jodie Foster
Sie sind seit 58 Jahren im Filmbusiness. Wie lässt sich damals mit heute vergleichen?
Das kann man nicht vergleichen. Schon gar nicht als Frau! In den 60ern und 70ern gab es kaum Frauen am Set. Die einzige weibliche Person war die Maskenbildnerin – und vielleicht die Frau, die meine Mom zu spielen hatte. Für mich war es normal, dass ich gebucht wurde, um die Anweisungen von Männern zu befolgen. Und nicht, um mich selber einzubringen.
Schauen Sie mit Verbitterung auf jene Zeiten zurück?
Nein, gar nicht. Ich hatte grosses Glück und wurde von diesen wunderbaren Männern erzogen, die mir alles beibrachten und mich wie ihre Tochter oder Schwester behandelten. Das war nun mal meine Perspektive. Etwas anderes kannte ich nicht – und gab es auch nicht.
Wann kam die Veränderung?
Mit der Zeit hatten immer mehr Frauen das Sagen und brachten einiges ins Rollen. Dank ihnen ist das Filmbusiness vielfältiger geworden. Es hat aber einige Anstrengungen gebraucht, bis es so weit war, dass ich mit einer wunderbaren Regisseurin wie Issa López zusammenarbeiten durfte. Das war sogar für ein Urgestein wie mich eine ganz neue Erfahrung.
Heute sind Sie ein Vorbild für viele junge Schauspielerinnen und Schauspieler. Spüren Sie das?
Manchmal schon, ja. Vor den Dreharbeiten zu «True Detective» kam mein Schauspielkollege Finn Bennett auf mich zu und fragte, wie er seine drehfreien Phasen möglichst effizient nutzen solle.
Und was haben Sie ihm geraten?
Geh ins Kino! Geh tanzen! Oder häng mit deinen Freunden ab! Aber verschwende nicht zu viele Gedanken an die Arbeit!
Ist das ein genereller Ratschlag an Ihre jungen Kollegen?
Ja. Manchmal muss man sich auch entspannen. Einfach loslassen und darauf vertrauen, dass es gut kommt. Und wenn mal etwas schiefgeht, so what! Dann versuchst du es halt nochmals. Ich habe 58 Jahre gebraucht, um herauszufinden, dass man sich selbst nicht zu ernst nehmen und einfach mal relaxen sollte. Aber im Grunde brauchen die meine Ratschläge gar nicht. Ich sehe ja, wie selbstbewusst diese jungen Menschen sind und dass sie den Mut haben, auch mal Nein zu sagen. Ich hatte diese Stärke damals nicht.
Der TV-Sender Arte zeigt die Dokumentation «Jodie Foster – Hollywoods Alleskönnerin». Da sieht man, wie Sie als junge Frau fliessend und vor allem akzentfrei Französisch sprechen.
Ja, meine Mutter hat mich als Kind auf eine französische Schule geschickt.
Sprechen Sie heute immer noch so gut Französisch?
Na ja, ich spreche es nicht mehr so oft wie früher. Ich habe zwar Verwandte in Frankreich, besuche die aber nicht mehr regelmässig. Wenn ich dann mal dort bin, wird mir schlagartig bewusst, dass die null Englisch verstehen. Ich hab gar keine andere Wahl, als mit ihnen Französisch zu reden. Dann schaue ich mir französische Filme an und lese französische Bücher. Ich bin aber schon ziemlich eingerostet, es dauert jeweils drei bis vier Tage, bis ich wieder richtig in Schwung komme (lacht).
Sky Show | Krimi-Anthologieserie | 4. Staffel
Mit Jodie Foster, Kali Reis, Finn Bennett
USA 2024, die ganze 4. Staffel jetzt verfügbar
Dokumentation
F 2021, Sonntag, 17. März 2024, 12.50 Uhr, Arte