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Interview

After Life – Interview mit Ricky Gervais über Gott, die Welt und den Tod

Was verbindet den Schöpfer von «After Life» mit seiner Figur? Schauspieler Ricky Gervais (58) über Gott, die Welt und den Tod.

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Ricky Gervais
Phil Fisk/Camera Press/Laif

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Das ist für Ricky Gervais keine spirituelle, philosophische oder religiöse Frage. Schliesslich geht es in seiner Serie auch nicht um seinen Tod, sondern um den seiner Frau.

Streaming: Ihr Serienheld Tony verarbeitet seine Depressionen, indem er aller Welt sagt, was er von ihr hält. Und das alles andere als schmeichelhaft. Spielen Sie sich selbst?

Ricky Gervais: Moment, ich bin nicht depressiv! Im Gegenteil, ich bin ein sehr  lebenslustiger Mensch und liebe es, Spass zu haben.

Aber wie viel Tony steckt in Ricky?

Wir haben viel gemeinsam. Er arbeitet nie länger als nötig, kann es nicht abwarten, mit seiner Frau und dem Hund auf der Couch zu sitzen und bei einer guten Flasche fernzusehen. Genauso ist es auch bei mir. Ich sitze mit meiner Freundin Jane auf der Couch, wir trinken Wein und schauen Netflix.

Wie Tony nehmen auch Sie kein Blatt vor den Mund und werfen anderen Leuten manchmal verletzende Worte an den Kopf.

Tony macht das nur, weil er glaubt, so mit dem Verlustschmerz besser umgehen zu können. Er ist eigentlich ein sehr liebenswerter Mann.

Und Sie nicht? 

Ich bin ein sehr wahrheitsliebender Mann, aber nicht bösartig. Manche Fakten, die ich anderen übermittle, sind nun mal kontrovers. Einige Leute fühlen sich angesprochen und auf den Schlips getreten. Ich werde mir deswegen aber mein Recht auf freie Meinungsäusserung nicht verbieten lassen. 

Die Serie heisst «After Life» – also das Leben nach dem Tod. Glauben Sie daran?

Nein. Wenn wir Glück, sehr grosses Glück haben, dann bekommen wir 100 Jahre auf Erden und sollten das Allerbeste daraus machen. Ich glaube, es ist kein grosses Geheimnis, dass ich Atheist bin und nicht an irgendeinen Gott glaube. Ich glaube daran, dass wir unser Leben durch Moral und Ethik leiten lassen sollen, aber nicht durch religiöse Dogmen. Religion ist 6000 Jahre alt, und wir Menschen haben gut 200 000 Jahre ohne überlebt.

In der Serie verlieren Sie die Liebe Ihres Lebens. Was bedeutet Liebe für Sie?

Zu viel Serotonin in der Hirnanhangdrüse? (Lacht.) Ich weiss es nicht. Vielleicht etwas, ohne das man nicht leben kann – etwas Magisches halt. Wobei Liebe in vielen verschiedenen Formen vorkommt.

In der Serie ist Ihr Schäferhund Ihr Ein und Alles. Haben Sie auch einen Hund zu Hause?

Nein, aber ich liebe Hunde. Es sind die einzigen Tiere, die mich wirklich mögen. Aber leider reise ich zu viel, um mir einen Hund halten zu können. Dafür hatten wir bis vor kurzem noch einen Kater. Leider ist Ollie vor ein paar Wochen gestorben. Er war eine treue Seele.

Denken Sie manchmal über Ihren eigenen Tod nach?

Jeden Tag, weil er ja immer näherrückt. Und heute bin ich ihm näher als je zuvor (lacht). Glauben Sie mir, der Gedanke meiner Sterblichkeit wird mir nie die Freude am Leben verderben. Dazu ist mir das Leben einfach zu wertvoll.

Wie gehen Sie mit Trauer und Verlust um?

Ich arrangiere mich damit. Der Tod ist Teil unseres Lebenskreislaufs. Zunächst verlierst du deine erste grosse Liebe – dein Haustier. Bei mir war es Betsy, mein Fox-Terrier. Ich war noch sehr jung, als sie gestorben ist. Es hat mich sehr mitgenommen. Und dann folgten Opa und Oma und dann auch beide Eltern. Das ist schrecklich, egal wie alt man ist.

Tony ist wegen seiner Trauer in Therapie. Wäre so etwas auch was für Sie?

Ich bin zu meinem grossen Glück bislang noch nicht an einem Punkt angekommen, wo ich sie gebraucht hätte. Alle Todesfälle in meiner Familie waren nicht unerwartet. Es wäre etwas ganz anderes, wenn man seinen Partner oder gar sein Kind verlieren würde. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie traumatisierend das wäre.

Sie sind mit Ihrer Lebensgefährtin Jane Fallon seit 36 Jahren zusammen …

… und sie ist die Vorlage für Tonys Ehefrau Lisa. Eine Seelengefährtin und beste Freundin, mit der du eine reale Beziehung hast. Mit der du dir die Kante geben und schlechte Filme schauen kannst.

Dabei könnten Sie länger leben, wenn Sie auf Alkohol verzichten würden.

Wissen Sie was: Wenn ich abends nicht mehr mein wohlverdientes Weinchen trinken darf, dann will ich auch nicht länger leben (lacht). 

 

Netflix; «After Life», 2. Staffel

Von Christian Thiele am 22. Oktober 2020 - 20:20 Uhr