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Disney+ – «Becoming Karl Lagerfeld »

Wie Karl zum Kaiser wurde

«Becoming Karl Lagerfeld» auf Disney+ ist ein intimes Porträt jenes Mannes, der keine Intimität mochte.

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Die Liebe seines Lebens: Karl Lagerfeld (Daniel Brühl, l.) und Jacques de Bascher (Théodore Pellerin).

Die Liebe seines Lebens: Karl Lagerfeld (Daniel Brühl, l.) und Jacques de Bascher (Théodore Pellerin).

Disney+
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Simone Reich

Karl Lagerfeld. Bei diesem Namen denkt man unweigerlich an eine dunkle Sonnenbrille, eine weiss gepuderte Pferdeschwanzfrisur und einen schwarzen, wedelnden Fächer. Der Look des deutschen Modeschöpfers (1933–2019) war schlichtweg ikonisch.

Eine neue Miniserie auf Disney+ zeigt nun einen anderen Karl. Oder besser gesagt: wie der junge Karl zum Kaiser wurde. Ein besonderes Augenmerk gilt der Beziehung zwischen Lagerfeld und seinem Lebenspartner Jacques de Bascher.

1972, Paris: Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) arbeitet als Prêt-à-porter-Designer für das Modehaus Chloé. Der schüchterne, introvertierte Lagerfeld teilt das Appartement mit seiner geliebten Mutter Elisabeth (Lisa Kreuzer). In jener Zeit betritt ein verführerischer Dandy das Parkett der Pariser Szene: Jacques de Bascher (Théodore Pellerin) hat ein Auge auf den jungen Lagerfeld geworfen und umgarnt ihn.Tatsächlich bekommt der Gigolo Karls Aufmerksamkeit und wird auch sein Herz gewinnen. Doch so sehr Karl Jacques auch liebt – die Beziehung bleibt platonisch.

Also holt sich Jacques anderswo, was er bei Karl vermisst. Er findet es ausgerechnet bei Karls ehemaligem Vertrauten, der zum Rivalen geworden ist: Yves Saint Laurent (Arnaud Valois). Das führt zum ersten von vielen Brüchen zwischen den beiden liebenden Männern. Doch immer wieder finden sie zueinander.

«Becoming Karl Lagerfeld» ist eine feinfühlige, reich ausgestattete Hommage an den Modeschöpfer. Kaum zu glauben, wie hart er sich Respekt und Ansehen erkämpfen musste. Mehrmals hört man ihn klagen: «Niemand nimmt mich ernst, niemand liebt mich, niemand gönnt mir Erfolg.» Dabei steht ihm oft seine eigene Unnahbarkeit im Weg.

Dass Daniel Brühl ein begnadeter Schauspieler ist, hat er wiederholt bewiesen. Seine Verkörperung von Niki Lauda in «Rush» (2013) etwa war bemerkenswert. Als Karl Lagerfeld setzt er seinem Spiel nun aber die Krone auf. Er zeigt uns einen verletzlichen, unsicheren, furchtbar einsamen Mann. Unfähig, Nähe zuzulassen, und gleichzeitig verzweifelt auf der Suche nach Liebe und Anerkennung.

Dabei kann Karl sehr wohl lieben. Er liebt Jacques. Und er liebt Mutti. Sind beide nicht bei ihm, stopft er von Zweifeln zerfressen Torten und Kuchen in sich hinein. Statt mit seinem Geliebten durch die Nacht zu ziehen und durch die Clubs zu tanzen, bleibt er zu Hause, allein mit seinem Schmerz.

Anders als bei anderen biographischen Verfilmungen wurde hier in der Maske nicht auf Perfektion gesetzt. So waren etwa Lagerfelds Lippen deutlich voller als jene von Daniel Brühl. Doch hier ist es das Spiel, das überzeugt und die Illusion eindrücklich aufrechterhält.

Das gilt insbesondere auch für Arnaud Valois als labilen, liebeskranken Yves Saint Laurent und für die einmal mehr phantastische Sunnyi Melles: Die 65-jährige Baslerin verkörpert die Filmdiva Marlene Dietrich mit herrlicher Arroganz und distinguierter Noblesse. 

Becoming Karl Lagerfeld ★★★★☆

Disney+ | Miniserie

Mit Daniel Brühl, Théodore Pellerin, Arnaud Valois, Sunnyi Melles

F 2024, ab 7. Juni 2024

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Von Simone Reich am 30. Mai 2024 - 15:00 Uhr