Eigentlich hatte Drehbuchautor Vince Gilligan bereits aufgegeben. Seine Idee einer Dramaserie um den Chemielehrer Walter White, der an Krebs erkrankt und zum Crystal-Meth-Produzenten wird, um Frau und Kind nach seinem Tod finanziell abzusichern, würde wohl nicht umgesetzt werden.
Bryan Cranston, der hysterische und zugleich liebevolle Vater aus «Malcolm mittendrin» als abgeklärter Drogenbaron, der im kriminellen Sumpf versinkt? Unvorstellbar! Das müsste, wenn schon, ein anderer übernehmen. Und selbst der sollte lieber einen Bankräuber spielen, was sich besser mit den US-Moralvorstellungen vertragen würde.
Ohne Illusionen nahm Gilligan also die Einladung von AMC zum Verkaufsgespräch an – in der Hoffnung, dass die ein paar 14-Dollar-Whiskys lockermachen würden.
Doch siehe da: Der US-Sender setzte das Konzept um. Der Rest ist sensationelle Seriengeschichte, die bis in die Gegenwart reicht.
Selten waren sich Konsumenten und Kritiker so einig: Die sonst oft vernichtend urteilenden Medien schmissen mit Superlativen nur so um sich: «Die beste Serie der Welt», «Das Genialste, was das Fernsehen je hervorgebracht hat», um nur zwei Huldigungen zu erwähnen.
Der Knüller kam dann 2013 mit dem Serienfinale: «Breaking Bad» schaffte es ins legendäre Guinness-Buch der Rekorde als am besten bewertete Serie überhaupt.
Ja, wo soll man das Loblied bloss anstimmen? Bei den raffiniert gezeichneten und perfekt besetzten Figuren? Bei den genial-verstörenden Kameraeinstellungen? Oder bei Plot und Dramaturgie, die nicht nur dank Walters Chemiewissen viele Wow-Momente erzeugen.
Und dann erst die Dialoge! Ausdrücke wie «Yo, bitch!» und «Say my name!» haben sich ins kollektive Fan-Gehirn eingebrannt und werden millionenfach rezitiert. Brillant auch jene Szene, in der Walters Frau befürchtet, dass eines Tages jemand an ihre Tür klopft, um Walter zu töten. Da entgegnet er ihr beleidigt: «Ich bin nicht in Gefahr. Ich bin DIE Gefahr! Ich bin derjenige, der anklopft.» (Klingt im Englischen besser: «I am the one who knocks!»).
Das Meisterwerk legte Staffel für Staffel zu und sahnte Emmys und Golden Globes ab. Fünf Stück holte allein Bryan Cranston. Sogar Sir Anthony Hopkins gratulierte seinem Kollegen in einem Brief zu der «besten Vorstellung eines Schauspielers, die ich je sah».
Die Erfolgsstory von «Breaking Bad» war mit dem Serienfinale noch nicht zu Ende. Das Prequel «Better Call Saul» erzählt seit 2015 etwas gemächlicher Saul Goodmans Wandlung zum Schmierenanwalt – und 2019 fokussierte sich der Spielfilm «El Camino» auf die tragische Figur Jesse Pinkman (Aaron Paul).
Vielleicht kommt man auch noch dem Wunsch von Giancarlo Esposito alias Gus Fring nach: Er hat die Vision eines Prequels, das den Aufstieg des Imbiss-Betreibers zum stoischen Meth-Magnaten schildert.
Netflix | Dramaserie | 5 Staffeln | USA 2008–2013
Mit Bryan Cranston, Aaron Paul, Anna Gunn, Bob Odenkirk u. a. Showrunner: Vince Gilligan
Packendes Stressprotokoll mit riesigem Suchtpotenzial