You – American Psycho 2021

Einst stand der New Yorker Buchladenbetreiber Joe Goldberg (Penn Badgley) vor dem Haus der Studentin Beck (Elizabeth Lail) und sinnierte: «Deine sozialen Medien lügen. Sie zeigen dich als sorglose Dilettantin. Sobald die Tür zugeht, sitzt du wieder vor der Tastatur – und versuchst zu schreiben.» In ihrem damaligen Freund sah er alles, was in Amerika schiefläuft. «Du stehst auf die falschen Männer. Böse Männer. Du lässt sie rein. Du lässt dir von ihnen wehtun. Wenn er dich zum Orgasmus gebracht hätte, dann hättest du daraus eine Broadway-Show gemacht. Hat er aber nicht.» Und so wird Beck für Joe immer mehr zum Objekt der Begierde. Im blinden Glauben, dass Beck jemanden benötigt, der sie rettet, wird Joe immer mehr zum Stalker – mit tragischen Konsequenzen.

In der zweiten Season zieht Joe nach Los Angeles, wo sich seine Vergangenheit mit Love Quinn (Victoria Pedretti) zu wiederholen droht. Doch irgendwie raufen sich Joe und Love zusammen und blicken in eine gemeinsame Zukunft in einer typisch amerikanischen «Aussen fix, innen nix»-Kleinstadt. Da ist sogar ein Baby in Sicht.

Der jüngste «You»-Trailer kommt ziemlich blutig daher, und es scheint, als würde Joe in alte Muster abdriften. Doch Love wäre nicht Love, würde sie nicht für die Liebe zu Joe kämpfen, ja sogar über Leichen gehen.

Die Stalker-Serie «You – Du wirst mich lieben» nach dem gleichnamigen Roman von Caroline Kepnes wurde ursprünglich vom Sender Lifetime produziert. Aber erst mit dem Wechsel zu Netflix im Dezember 2018 geriet die Serie zum weltweiten Publikumsrenner. Witzelte der Hauptdarsteller Penn Badgley noch während der Dreharbeiten um einen coronabedingten Mindestabstand von zwei Metern zu seiner Filmfigur Joe Goldberg, so geht’s in der dritten Season deftig zur Sache:  «Die beste Netflix-Serie bisher. Stark gespielt und tolle Story», schreibt ein Fan im Netz.

Auch wenn einige Wendungen masslos in die Länge gezogen wurden, fasziniert die Hauptfigur des Joe Goldberg noch immer: Wer war nicht schon mal vernarrt in eine andere Person? Die Frage ist jetzt nur, wie weit man seine Triebe (und Hiebe) im Griff hat, um nicht gleich zum Stalker zu werden, der nichts und niemanden mehr zu verlieren hat.

Joes Handeln ist an vielen Stellen krank und frei von jeglicher Empathie. Dank Penn Badgleys schauspielerischem Fingerspitzengefühl hofft man aber immer wieder, dass der sympathische Bösewicht (O-Ton: «Science-Fiction-Filme haben so was von Unrecht: Technik ist unser Freund») seinen Kopf stets von Neuem irgendwie aus der Schlinge ziehen kann, um sich an seinen Opfern zu vergreifen.