An keinem anderen Ort in den USA hat die Opioidkrise heftiger zugeschlagen als in Philadelphia. Im Bezirk Kensington im Norden der Stadt vegetieren hunderte Süchtige regelrecht vor sich hin. Das Elend nahm Ende der 90er-Jahre seinen Anfang, als Ärzte leichtfertig den Rezeptblock zückten, um das Schmerzmittel Oxycontin zu verschreiben. Viele Patienten wurden schwer abhängig.
Die Auswirkungen lassen sich heute in Kensington beobachten – ein Anblick, der Erinnerungen an die Situation am Zürcher Letten vor 30 Jahren wachruft. Doch Oxycontin war erst der Anfang: Danach kam Fentanyl, ein Schmerzmittel, das 100-fach stärker wirkt als Morphin; zurzeit ist in der Szene Xylazin in Mode. Das ursprünglich in der Tiermedizin gebräuchliche Beruhigungsmittel wird gespritzt, geschnupft, geschluckt oder inhaliert und dabei oft mit Fentanyl gemixt. Danach sind die Konsumenten bis zu zehn Stunden fast regungslos, manchmal bleiben sie auch tot auf dem Trottoir liegen.
Die amerikanische Autorin Liz Moore nahm Philadelphias Drogenszene als Ausgangslage für ihren Roman «Long Bright River» (2020): In einem durch Armut und Drogenkriminalität geprägten Kensington werden Familien- und Gesellschaftstragödien zum Thrillerdrama vermengt. Die gleichnamige Serie basiert auf Moores Roman und erzählt die Geschichte der Streifenpolizistin Mickey Fitzpatrick (Amanda Seyfried). Als sexuell motivierte Morde an drogenabhängigen Frauen passieren und ihre ebenfalls süchtige Schwester Kacey (Ashleigh Cummings) verschwindet, beginnt Mickey auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei kommt sie quasi nebenbei grassierender Korruption bei der Polizei auf die Spur. Die Serie «Long Bright River» zeichnet ein düsteres Bild der sozialen Realität in Kensington und packt Krimi-Elemente in ein erschütterndes Familienschicksal.
«Es war teilweise frustrierend, Mickey zu spielen.»
Amanda Seyfried
Es ist ganz schön heftig, mitansehen zu müssen, wie Mickey sich abstrampelt, es allen recht zu machen, und dann doch niemandem gerecht wird. Weder ihrem Polizisten-Partner noch ihrem Sohn, den sie wegen ihrer verbissenen Suche nach Kacey vernachlässigt – am wenigsten ihrer Schwester selber.
Um sich auf ihre Rolle vorzubereiten, begleitete Seyfried Streifenpolizisten aus Kensington in ihrem Alltag. Eine Erfahrung, die sie an ihre Grenzen brachte, wie sie TELE gegenüber gestand. Es habe sie total aufgewühlt, eine Frau zu spielen, die Tag für Tag von Schuldgefühlen zerfressen nach der Schwester sucht und sich nebenbei bemüht, ihrem Kind dreimal täglich ein Essen auf den Tisch zu bringen. Amanda Seyfried ergänzt: «Zeitweise war es sehr frustrierend, Mickey zu spielen und sie zu ertragen. Nichts von dem, was ich in meinem Leben bisher getan habe, ist mir je so nahe gegangen.»
Sky Show | Miniserie
Mit Amanda Seyfried, Nicholas Pinnock, Ashleigh Cummings
USA 2025, ab 15. Mai 2025