Es ist ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte, das Schriftsteller Peter Weiss (1916–1982) im Theaterstück «Die Ermittlung» 1965 zu Papier brachte. Von 1963 bis 1965 mussten sich NS-Verbrecher im ersten Frankfurter Auschwitzprozess vor einem Schwurgericht ihren Taten im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau stellen. Weiss selbst nahm als Zuschauer am Prozess teil und entwickelte sein Stück aus persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Gerichtsprotokollen.
Regisseur RP Kahl adaptierte 2024 das Theaterstück und brachte es in einem Film auf die Kino-Leinwand. Er verwob darin historische Dokumentation mit künstlerischer Reflexion. Sky Show macht aus dem Film nun eine Miniserie. «Die Ermittlung» schildert das Grauen von Auschwitz in vier zum Teil fast unerträglichen Stunden.
Im Zentrum stehen ein Richter (Rainer Bock), ein Strafverteidiger (Bernhard Schütz) sowie ein Ankläger (Clemens Schick), welche im Rahmen der Verhandlung auf 28 Zeugen treffen. Die Zeugen berichten von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Auschwitz. Emotionslos schildern sie, welch unmenschliche «Behandlungsmethoden» sich die Offiziere, KZ-Aufseherinnen und Ärzte einfallen liessen.
Das «Oratorium in 11 Gesängen», so der Untertitel des Stücks, folgt dem Weg der Opfer von der Rampe bei der Ankunft in Auschwitz bis zum Leichenverbrennungs-Ofen, sodass von immer bestialischeren Szenen berichtet wird. Richter, Staatsanwalt und Verteidiger sitzen an Tischen, und auf einer Tribüne im Hintergrund kauern die 18 Angeklagten, die ihre Taten unkommentiert lassen, abstreiten oder gar rechtfertigen.
«Ich hatte keine Zeit, mir den Inhalt der Züge anzuschauen», versucht sich etwa der Vorstand des Bahnhofs herauszureden, wo die Transporte einliefen. Andere sagen schulterzuckend: «Ich habe nur getan, was ich tun musste», «Das lag nicht in meiner Zuständigkeit» oder weisen alle Anschuldigungen konsequent von sich: «Das ist eine Lüge!»
Die Serie verzichtet auf zusätzliche dramaturgische Elemente und konzentriert sich auf die Schlüsselpassagen aus Weiss’ Vorlage. Die Inszenierung fokussiert auf die Sprache und das Spiel der Darsteller. Der Gerichtssaal ist dabei bewusst als TV-Studio zu erkennen, die Kulisse aufs Wesentliche reduziert. Zu jedem Zeitpunkt stehen die Aussagen der Figuren – Ankläger, Angeklagte, Zeugen – im Zentrum.
Sky Show veröffentlicht «Die Ermittlung» am 27. Januar, exakt achtzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee. Ab 21.45 Uhr strahlt auch der TV-Sender Arte den Film aus.
«Hinter diesem Tor begann eine Hölle, die für das normale menschliche Gehirn nicht auszudenken ist», sagt der Vorsitzende am Ende des Prozesses. Der Film ist ein erschütterndes Mahnmal.
Tom Wlaschiha als Augenzeuge der industriellen Tötung in Auschwitz.
SkySky Show | Miniserie
Mit Rainer Bock, Tom Wlaschiha, Christiane Paul, Clemens Schick
D 2024, ab 27. Januar 2025