Schlachtfeld der Giganten

HBO Max kommt in die Schweiz. Zwischen Drachenfeuer und Milliardendeals stellt sich die Streamingwelt neu auf.

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Netflix, HBO Max And Warner Bros Photo Illustrations
Netflix und Paramount wollen sich Warner Bros. unter den Nagel reissen. NurPhoto via Getty Images

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Das Jahr 2026 wirft seine Schatten voraus wie ein heranbrausender Feuerdrache in Westeros. Was lange als Gerücht in der Medien­küche brodelte, ist nun Gewissheit geworden: Am 13. Januar lanciert Mediengigant Warner Bros. Discovery seinen Streamingdienst HBO Max in der Schweiz.
Damit wird das hiesige Streaming-Gefüge nicht nur ergänzt, sondern geradezu in seinen Grundfesten erschüttert. Denn HBO Max tritt alles andere als leise auf. Mit dem angekündigten «Game of Thrones»-Prequel «A Knight of the Seven Kingdoms» setzt man auf bewährte Fantasy-Wucht, während das Medical-Drama «The Pitt» und die schlüpfrig-französische Produktion «The Seduction» den Anspruch auf erzählerische Tiefe untermauern.
Flankiert wird das Serien-Line-up von einer Blockbuster-Armada: Von «Superman» über «Dune» bis hin zum «Harry Potter»-Universum zieht das Studio alle Register der heroischen Popkultur.
Für Schweizer Zuschauer stellt sich hier jedoch die Frage nach ihrem bisherigen HBO-Hafen: Sky Show. Der langjährige Output-Deal erfährt per 1. Januar eine Zäsur. Sky muss einen Teil der HBO-Bibliothek ziehen lassen, gibt sich aber kämpferisch-optimistisch: Viele der Kronjuwelen sollen den Abonnenten erhalten bleiben.
Wer etwa «House of the Dragon», «The White Lotus» oder «The Last of Us» verfolgt, wird dies auch künftig bei Sky Show tun können. Es ist ein taktischer Kompromiss: Ein Teil der HBO-Identität wandert ab, die relevantesten Flaggschiffe bleiben jedoch – vorerst – als langfristige Leihgabe im Portfolio.
Doch während man in der Schweiz noch über Abopreise grübelt, tobt auf dem globalen Streaming-Parkett eine Übernahmeschlacht, die jedes Drehbuch in den Schatten stellt. Es geht um nicht weniger als die Zukunft von Warner Bros.: Netflix hat mit einem 83-Milliarden-Dollar-Gebot den Hut in den Ring geworfen. Eine Offerte, die das Warner-Management bereits wohlwollend angenommen hat.

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Doch die Rechnung wurde ohne Paramount gemacht. Mit einer 108-Milliarden-Dollar-Attacke – einem reinen Cashdeal – versucht die US-Filmproduktionsgesellschaft, die Aktionäre zu korrumpieren und sich den gesamten Konzern inklusive CNN einzuverleiben. Der Warner-Verwaltungsrat warnt vor finanzieller Unsicherheit und will am Netflix-Pakt festhalten. Wer dieses «Game of Thrones» der Wirtschaftswelt gewinnt, wird die Entertainment-Landschaft fürs nächste Jahrzehnt prägen.
Als wäre die globale Streaming-Tektonik nicht schon instabil genug, sorgte letztes Jahr eine Nachricht aus dem deutschsprachigen Raum für zusätzliche Reibung: Die RTL Group schluckt Sky Deutschland (und damit auch Teile des Schweizer Geschäfts) für einen dreistelligen Millionenbetrag. Der Deal gilt allerdings erst als vollzogen, wenn die Kartell- und Medienbehörden grünes Licht gegeben haben. Doch beide Seiten gehen davon aus, dass der Abschluss 2026 erfolgen wird, wenn alle regulatorischen Prüfungen und Genehmigungen durch sind. Was das mit den Streamingdiensten RTL+ und Sky Show macht, bleibt abzuwarten.

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Während also die Milliarden-Dealmaker in den USA über unsere Köpfe hinweg entscheiden, wer künftig welche Geschichten erzählen darf, bleibt dem Zuschauer nur die Rolle des zahlenden Beobachters in einem immer komplexeren Dickicht aus Exklusivrechten und Plattformwechseln. Der Streaming-Winter kommt, indem er uns zwar Drachen und Superhelden nach Hause bringt, uns aber wohl oder übel vor noch eine grössere Qual der Wahl stellt.
Die Schweiz, lange ein geschütztes Reservat für Lizenznehmer wie Sky, wird zu einem Schlachtfeld der globalen Giganten.
HBO Max startet am 13. Januar in der Schweiz. Unter welcher Flagge?
HBO Max startet am 13. Januar in der Schweiz. Unter welcher Flagge?RMS
HBO Max startet am 13. Januar in der Schweiz. Unter welcher Flagge?
HBO Max startet am 13. Januar in der Schweiz. Unter welcher Flagge?RMS

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Über die Autoren
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Mischa Christen
Mischa Christen ist Redaktor und Content Manager bei TELE und seit 2001 im Journalismus tätig. Sein Spezialgebiet umfasst technische Geschichten sowie fundierte Kritiken, Tipps und Reviews zu TV-Serien und -Dokus. Zu seinen früheren Stationen zählen namhafte Unternehmen wie Ringier, Tamedia und UBS. Artikel, auf die Mischa gerne zurückblickt, sind unter anderem 'Succession – die hinterhältigsten Superreichen seit Dallas', 'Natürlich streiten wir uns' und 'Charmanter Schummler – OnePlus Trauffer zwischen Krise und Triumph'.

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