Die Armen bleiben arm, die Reichen werden immer reicher – dieses fatale Gefälle ist auf der Welt verbreitet, aber besonders ausgeprägt in Indien. Dafür sorgt auch das indische Kastensystem, das ein Durchmischen der Klassen verhindert. Und dies, obwohl die Verfassung eine Diskriminierung der Kasten eigentlich verbietet.
Der indische Bestseller «Der weisse Tiger» erzählt von einem, der mit drastischen Mitteln aus der untersten Kaste aufzusteigen versucht.
Der Debütroman des Journalisten Aravind Adiga (46), der u. a. für die «Financial Times» schrieb, erhielt 2008 den renommierten britischen Booker-Preis. Nun wurde er vom iranischstämmigen Amerikaner Ramin Bahrani verfilmt, einem guten Freund des Autors, dem dieser sogar den Roman gewidmet hat.
Der Film erzählt, wie Balram (Adarsh Gourav), ein Taxi-Unternehmer in Bangalore, aus der Armut aufgestiegen ist. Geboren im ländlichen Ostindien erhält er als Kind nicht einmal einen Vornamen, so unwichtig ist er in der Grossfamilie. Erst ein Lehrer gibt dem neugierigen Bub den Namen Balram.
Balram muss die Schule bald abbrechen, die Familie will, dass er Geld verdient. Doch eigentlich hat er davon geträumt, Chauffeur zu werden, was für Leute aus der untersten Kaste praktisch aber unmöglich ist.
Weg nach oben: Balram arbeitet als Chauffeur für eine reiche Familie.SINGH TEJINDER / Netflix
Weg nach oben: Balram arbeitet als Chauffeur für eine reiche Familie.SINGH TEJINDER / Netflix
Balram hat indes Glück. Er wird Chauffeur von Mr. Ashok, dem Sohn eines reichen Grossgrundbesitzers, und von dessen Frau, Pinky Madam (gespielt vom indischen Superstar Priyanka Chopra Jonas, einer Ex-Miss-World). Als Balram für etwas den Kopf hinhalten soll, das er nicht getan hat, will er nicht mehr länger das Opfer sein.
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«Der weisse Tiger» beschreibt sozialkritisch und mit viel Ironie das Kastensystem in Indien. «Früher reichte es den Armen, ein wenig besser dazustehen – heute, im wirtschaftlich aufstrebenden Indien, haben Arme und Reiche die gleichen Träume, was zu Frust und sozialen Unruhen führt», erklärt Autor Adiga.
Der Film, mit tollen Schauspielern adaptiert, begleitet einen Aufsteiger, der kompromisslos seinen Weg geht, um aus dem ungerechten System auszubrechen. Ein provokatives Werk, das aufrüttelt.
Der weisse Tiger
Netflix | Drama | USA/IND 2021
Mit Adarsh Gourav, Rajkummar Rao, Priyanka Chopra Jonas Regie: Ramin Bahrani Gesellschaftskritik mit Biss und Krallen ab 22. Januar
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Antonio Gattoni ist Filmredaktor bei Tele und bereits seit 1993 im Journalismus tätig. Er schreibt mit Leidenschaft über alles, was mit Film zu tun hat, Kritiken, Porträts, Interviews, Hintergrundberichte etc. Zu seinen Abschlüssen zählt ein Studium in Psychologie an der Universität in Zürich mit einer Lizentiatsarbeit über Traum und Film und eine journalistische Weiterbildung an der Volkshochschule. Vor dem Tele war er bei der Filmzeitschrift Zoom und bei der NZZ als Filmkritiker tätig.