Roger Schawinski und die UKW-Saga

«Die Vernunft soll endlich siegen»

Die Abschaltung des UKW-Netzes wird vielleicht doch noch abgewendet. Roger Schawinski zeigt sich jedenfalls zuversichtlich.

Roger Schawinski (80) weibelt im Nationalrat für den Erhalt von UKW.

Roger Schawinski (80) weibelt im Nationalrat für den Erhalt von UKW.

keystone-sda.ch

Das letzte Kapitel in der Schweizer UKW-Saga ist noch nicht geschrieben. Der Nationalrat hat im September eine Motion gutgeheissen, die das geplante Aus für das UKW-Netz Ende 2026 abwenden soll. Damit geht der UKW-Krimi in die nächste Runde. Der Ausstieg der SRG Ende 2024 hat massive Reichweitenverluste verursacht. Nun fürchten private Radiosender für Ende 2026 ähnliche Einbrüche, was zu starken Verlusten bei den Werbeeinnahmen führen würde.

Radio 1-Chef Roger Schawinski (80) kämpft seit Jahren für den Erhalt von UKW und kann sich nun über einen Etappensieg freuen.

Tele.ch: Herr Schawinski, darf man schon gratulieren?

Roger Schawinski Noch nicht. Jetzt muss die Motion noch beim Ständerat durch. Aber nach dem deutlichen Entscheid des Nationalrats bin ich zuversichtlich.

Tatsächlich hat der Nationalrat die Motion mit 124 zu 62 Stimmen angenommen.

Genau! 1 und 24 sind meine Glückszahlen. Ich danke dem Nationalrat herzlich, dass er das so perfekt hingekriegt hat (lacht).

Nachdem die SRG ihr UKW-Netz abgeschaltet hatte, formierte sich Widerstand gegen das schweizweite Aus. Kam der massive Hörerverlust der SRG-Radiosender für viele wirklich so überraschend?

Das scheint so, ja. Die SRG und ihre PR-Organisation für die DAB-Technologie haben während Jahren behauptet, dass UKW kaum noch genutzt würde. Die haben also ihren eigenen gefakten Zahlen geglaubt und mit der Abschaltung des UKW-Netzes einen fatalen Fehlentscheid getroffen.

Sie kämpfen seit Jahren für den Erhalt von UKW. Fürchten Sie um die Werbeeinnahmen Ihres Senders Radio 1?

Natürlich tue ich das! Im Gegensatz zur SRG leben wir von der Radiowerbung. Alle Medien spüren den Rückgang von Werbeeinnahmen schmerzlich. Und nun will man willkürlich eine Branche schwächen, die ohnehin schon unter grossem Druck steht.

Auch die SRG steht finanziell unter Druck und spart so 15 Millionen pro Jahr ein.

Das behauptet sie, ja. Dabei hat die SRG den Zwangsgebührenzahlern gegenüber doch die Verpflichtung, nicht nur zu senden, sondern dafür zu sorgen, dass sie auch empfangen werden. Viele haben noch immer kein DAB-Gerät. Dass man eine so populäre Technologie wie UKW verbieten will, ist grotesk. Es ist weltweit noch immer die meistgenutzte Radiotechnologie.

Nehmen wir an, der Ständerat lehnt die Motion ab und Ende 2026 ist Schluss mit UKW in der Schweiz. Was wären die Konsequenzen?

Dann haben wir etwa eine Million Autos in der Schweiz, die nur noch ausländische Radiosender empfangen werden. Und tausende Tonnen Elektroschrott. Ich zum Beispiel habe neben meinem Bett noch einen UKW-Radio. Den müsste ich fortwerfen. Ist es wirklich das, was die Schweizer Medienpolitik will?

Angenommen, die Motion kommt durch. Was passiert dann mit den SRG-Sendern: Können die überhaupt wieder zurück zu UKW?

Ich vermute, die SRG wird nichts dergleichen tun und stur an ihrer verfehlten DAB-Strategie festhalten. Dabei ist die Stimmung bei den Radiomitarbeitenden der SRG auf dem Tiefpunkt. Die wollen das bestmögliche Radio machen, kämpfen um bessere Sendungen, und dann werden allein in der Deutschweiz einfach mal 500 000 Hörer rausgeschmissen. Dabei braucht die SRG im Hinblick auf die Halbierungsinitiative im nächsten Jahr nun wirklich den Goodwill des Volkes.

Wird die Motion angenommen, dann ist die definitive UKW-Abschaltung für Ende 2031 geplant …

… das schauen wir dann noch!

Wann sollte Ihrer Meinung nach denn Schluss sein?

Gegenfrage: Warum braucht es überhaupt ein Ablaufdatum? Man soll UKW abschalten, wenn die Technologie nicht mehr genutzt wird. Und das entscheidet weder die Politik noch die Branche, sondern der Konsument. Sagen wir, wenn 95 Prozent aller Autos über DAB-Geräte verfügen, wird niemand mehr auf UKW senden wollen. Aber so weit sind wir noch lange nicht.

Sie sagten mal, Sie würden wenn nötig gerichtlich gegen die Abschaltung vorgehen.

Ja, vielleicht. Das habe ich noch nicht abgeklärt. Ich meine, ich verstehe ja, dass man Heroin und Kokain verbietet. Aber doch nicht eine bestehende populäre Technologie, die keinen Schaden anrichtet und für die wir die Kosten übernehmen.

Wann entscheidet denn der Ständerat über die Motion?

Das weiss man noch nicht. Anfang November gibt es Hearings von der zuständigen Ständeratskommission, zu denen ich auch eingeladen bin. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das noch in der Wintersession entschieden wird.

Nach der Einreichung Ihrer Petition gegen die UKW-Abschaltung 2021 waren Sie lange ein Rufer in der Wüste. Nun erhalten Sie plötzlich viel Zuspruch. Ist das auch eine Genugtuung für Sie?

Ja, ich war allein gegen alle. Und das nicht zum ersten Mal. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Vernunft endlich siegt.

Noch haben mehr als eine  Million Autos in der Schweiz kein DAB-Empfangsgerät.

Noch haben mehr als eine Million Autos in der Schweiz kein DAB-Empfangsgerät.

Keystone
Noch haben mehr als eine  Million Autos in der Schweiz kein DAB-Empfangsgerät.

Noch haben mehr als eine Million Autos in der Schweiz kein DAB-Empfangsgerät.

Keystone