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Kino – «Babylon»

Orgien und Exzesse

«Babylon»: Der Oscar-Regisseur Damien Chazelle zelebriert die Traumfabrik vor 100 Jahren.

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Babylon

Crowdsurfing ist nix dagegen: Nellie (Margot Robbie) geniesst das Bad in der Partymenge.

Paramount Pictures
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Patrick Schneller

Es war einmal in Hollywood – und zwar in den wilden 1920ern, als der Stummfilm seine Blütezeit hat und die Leute in Scharen ins Kino lockt. Doch am Horizont bilden sich bereits dunkle Wolken. Einerseits in Gestalt der Zensur-Richtlinien des «Hays Code», andererseits im Aufkommen des Tonfilms. Kurzum: Die Traumfabrik befindet sich im Umbruch.

1926 aber trübt noch kein Wölkchen das dekadente Treiben in Los Angeles. So laden die Kinoscope Studios zur Riesenparty, die in einer Orgie aus Musik, Alkohol, Drogen, Sex und Showeinlagen gipfelt. Unter den Anwesenden befinden sich der Filmstar Jack (Brad Pitt), der afroamerikanische Trompeter Sidney (Jovan Adepo), der Latino Manny (Diego Calva), der auf ein Engagement als Produktionsassistent hofft, und die White-Trash-Diva Nellie (Margot Robbie), die ihre Reize ausspielt, um vor der Kamera Karriere zu machen.

Nach diesem exzessiven Einstieg folgt Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle (38) seinen Figuren über die nächsten sechs Jahre durch ihre Auf und Abs. Dies geschieht in der ersten Hälfte überraschend witzig und leichtfüssig, ehe die Geschichte analog zum Niedergang des «alten» Hollywood immer düsterer wird und in Gangsterfilm-Gefilde abschweift. Mit dem Auftauchen von Tobey Maguire als Mafioso, der ins Filmgeschäft einsteigen will, entwickelt sich vorübergehend sogar Horror-Flair mit einem Hauch von Snuff. Anders formuliert: Damien Chazelle schuf quasi das Gegenstück zu «La La Land», seiner oscargekrönten Ode ans klassische Musicalkino.

Dafür bewegt sich «Babylon» nicht nur wegen Brad Pitt viel näher bei «Once Upon a Time in Hollywood» – gestaltet sich einfach opulenter, sexyer, brutaler und vor allem spektakulärer als Quentin Tarantinos Hommage an die Traumfabrik im zweiten grossen Umbruch am Ende der 60er-Jahre. Alles in allem will Chazelle mit «Babylon» vielleicht eine Spur zu viel. Was den dekadenten Reigen – in Anbetracht der grandiosen Bilder, der tollen Besetzung, der genialen Musik und des schieren Überflusses an skurrilen Einfällen – aber noch weiter beflügelt.

Babylon

Tragikomödie

Mit Diego Calva, Margot Robbie, Jovan Adepo, Brad Pitt

USA 2022, ab 19. Januar 2023

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Von Patrick Schneller am 18. Januar 2023 - 20:20 Uhr