Kino – «L’immensità»

Im falschen Körper gefangen

Ein Mädchen im Rom der 70er fühlt sich als Junge und gibt sich auch als solcher aus. Das Drama «L’immensità» mit Penélope Cruz thematisiert die Genderdebatte mit Gefühl und Charme.

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Clara (Penélope Cruz, r.) und ihr Transgender-Sohn (Luana Giuliani) in «L'immensità».
Clara (Penélope Cruz, r.) und ihr Transgender-Sohn (Luana Giuliani). Pathé Films

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Das Spiel mit Geschlechterrollen gehört beim Film zur Tradition, vor allem bei Verwechslungskomödien wie «Manche mögen’s heiss» oder «Tootsie», wo Dustin Hoffman sich als Frau ausgibt, um eine Rolle zu ergattern. Selten sind trotz heftig geführter Genderdebatte Filme über Menschen, die sich im falschen Körper fühlen.
Sie stamme von Aliens ab, sagt Adri (Luana Giuliani) im italienischen Film «L’immensità». Die Tochter aus guter Familie im Rom der 70er-Jahre fühlt sich als Junge und kleidet sich entsprechend. Während ihr Vater, ein Macho alter Schule, dies kategorisch ablehnt, findet sie bei ihrer Mutter Clara (Penélope Cruz) Verständnis.
Diese nutzt das rebellische Anderssein von Adri, um sich von ihrem egozentrischen Mann abzugrenzen. Adri wiederum findet in einer Arbeitersiedlung ein Mädchen, das ihre nonkonforme Sicht teilt.
«L’immensità» von Emanuele Crialese taucht farbenfroh in die 70er-Italianità ein, mit Liedern, Kleidern, Autos. Es hat Charme, wie der Film Adris Flucht in eine eigene Welt über ein angrenzendes Kornfeld symbolisiert.
Cruz als Mutter dominiert aber den Film zu sehr: Die Spanierin trägt in jeder Szene ein neues Designer-Kleid, zieht die Blicke aller auf sich, was die Transgender-Hauptfigur fast nebensächlich werden lässt.

L’immensità

Drama
Mit Penélope Cruz, Vincenzo Amato, Luana Giuliani
I/F 2023, ab 1. Juni 2023 im Kino

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Der Trailer

Über die Autoren
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Antonio Gattoni

Antonio Gattoni ist Filmredaktor bei Tele und bereits seit 1993 im Journalismus tätig. Er schreibt mit Leidenschaft über alles, was mit Film zu tun hat, Kritiken, Porträts, Interviews, Hintergrundberichte etc. Zu seinen Abschlüssen zählt ein Studium in Psychologie an der Universität in Zürich mit einer Lizentiatsarbeit über Traum und Film und eine journalistische Weiterbildung an der Volkshochschule. Vor dem Tele war er bei der Filmzeitschrift Zoom und bei der NZZ als Filmkritiker tätig.

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