Familienzoff & Traumata

Marvels Erfolgszug ist nach all den Serien und neuen Figuren ins Stocken geraten. Die populären Avengers sind in alle Galaxien oder Multiversen verstreut oder tot, etwa Iron Man. Neue Heldenteams wie die Eternals oder Marvels («nur» 206 Mio. Einnahmen weltweit) ziehen beim Publikum nicht so recht. Deshalb übernimmt Marvel nun ein Konzept vom Konkurrenzverlag DC Comics mit der Bösewichttruppe «Suicide Squad». Bei Marvel heisst das zusammengewürfelte Team Thunderbolts und besteht aus Antihelden und Ausgemusterten.

Anführerin ist Ex-Widow Yelena (Florence Pugh), die noch immer den Tod ihrer Pseudoschwester Black Widow zu verdauen hat. Sie arbeitet für CIA-Chefin Valentina de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus). Diese leitete nebenbei ein geheimes Projekt, bei dem Testpersonen zu Superwesen gezüchtet werden. Doch Valentina fällt bei Politikern in Ungnade und versucht alle Spuren des Projekts zu tilgen. Dazu lockt sie Yelena und zwei weitere Agenten, Ghost und Supersoldat John Walker, in eine Falle. Die drei können aber entkommen, mit ihnen eine psychisch labile Testperson namens Bob (Lewis Pullman).

Auf der Flucht kommt noch Yelenas Scheinvater hinzu, der Red Guardian (David Harbour). Zusammen stellen sie Valentina, doch sie kann Bob manipulieren: Der hat Megapower und kann seine Depression auf halb New York verteilen. Ein depressiver Superheld – das ist im MCU-Universum ungewöhnlich. Überhaupt ist der 36. Marvelfilm von Jake Schreier ein beinahe schon therapeutischer Neustart: düsterer, aber auch intimer, verletzlicher, chaotischer.

Da geht es um Traumata, die man in der Gruppe überwindet, um Einsamkeit und Familienzoff. Der Actionanteil ist geringer, das Psychodrama grösser. Die New Avengers, angeführt von einer charismatischen Florence Pugh, haben nicht die Strahlkraft der Urtruppe, sind aber zugänglicher als viele bisherige Helden. Und origineller.