Ein Nerd sieht rot

Rache ist süss – zumindest im Filmbereich noch immer Zucker für die Kinokasse. Rache-Thriller sind nach wie vor beliebt – löst der Drang, ein Verbrechen zu sühnen, doch starke Gefühle der Genugtuung aus. Und der fragwürdige Aspekt der Selbstjustiz verleiht den Filmen einen Hauch des Verruchten. Von «Ein Mann sieht rot» (1974) mit Charles Bronson als Rächer über das Römerepos «Gladiator» (2000) bis hin zur gestylten «John Wick»-Reihe: Die Motive bleiben ähnlich, die Mittel werden immer drastischer. So wird Keanu Reeves in der Actionreihe nach dem Tod seines geliebten Hundes buchstäblich zur Nahkampfmaschine, mit enormer Opferzahl.

Weit weniger kampferprobt ist der CIA-Analytiker Charles (Rami Malek) in «The Amateur». Er arbeitet als IT- Spezialist im Überwachungsbereich der Hauptzentrale in Langley. Als seine Frau bei einem Terroranschlag in London getötet wird, will er die Täter so schnell wie möglich zur Rechenschaft ziehen. Sein Chef findet dies weniger dringlich. Doch Charles hat kompromittierendes Material gegen ihn in der Hand, weil er einen unautorisierten Militärschlag mit zivilen Toten verantwortete. So erreicht Charles, dass er eine Kurz-Ausbildung als CIA-Agent absolvieren darf, um die Täter aufzuspüren. Alsbald kämpft er nicht nur gegen die Terroristen, sondern auch gegen Handlanger seines Chefs, die ihn ausschalten wollen.

«The Amateur» nach dem Bestseller von Robert Littell (90) wurde 1981 bereits mit John Savage verfilmt. Das Remake ist ein vorhersehbarer, aber spannender Rache-Thriller, bei dem die vielfältigen Methoden der modernen Überwachung wie Gesichtserkennung eine wichtige Rolle spielen. Rami Malek (43), oscargekrönt für seine Rolle als Queen-Ikone Freddie Mercury in «Bohemian Rhapsody» (2018), spielt einen ungewöhnlichen Racheengel.

Als Schreibtisch-Nerd kann er keiner Fliege etwas zuleide tun, weshalb er bei der Täterjagd auf technische Hilfsmittel setzt. Dass er dabei nicht selber von der Überwachung aufgedeckt wird, ist im letzten Teil nicht ganz glaubwürdig. Für Malek, der Bondbösewicht mit den magnetischen Augen in «No Time to Die», ist die Nerd-Rolle untypisch introvertiert. «The Amateur» von James Hawes («Black Mirror») setzt auch auf besondere Schauplätze, etwa Istanbul oder die Ostsee.

Fazit: Es ist kein besonders origineller Thriller, aber spannend genug.