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Kino – «All The Beauty and the Bloodshed»

Kummer & Sehnsucht

«All the Beauty & the Bloodshed»: Dok über Nan Goldin und ihren Kampf gegen eine Pharma-Sippe.

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Fotografin Nan Goldin kämpft in «All The Beauty And The Bloodshed» gegen die Profiteure der Opioidsucht.

Fotografin Nan Goldin kämpft in «All The Beauty And The Bloodshed» gegen die Profiteure der Opioidsucht.

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Antonio Gattoni

Es ist eine der schlimmsten Krisen, die die USA je heimgesucht haben. Und doch läuft sie unter dem Radar: die Opioid-Krise. 1996 brachte die Pharmafirma Purdue breitenwirksam das Medikament Oxycontin auf den Markt. Das Schmerzmittel war leicht zugänglich – im Gegensatz etwa zu Morphium – und führte zu einem massiven Anstieg von Abhängigen.

Als die Behörden das Medikament nur noch gegen Rezept freigaben, wichen viele Süchtige auf andere Opioide wie Heroin und das billige, synthetische Fentanyl aus.

Oft werden die Drogen aber so gestreckt, dass eine Dosierung heikel ist. Die Bilanz ist verheerend: Seit 1999 starben etwa 900'000 Menschen an einer Überdosis, allein 2022 waren es 107'000.

Zu den Abhängigen von Oxycontin zählte auch die bekannte Fotografin Nan Goldin (69). Die New Yorkerin war in den 80ern berühmt geworden mit schonungslos intimen Fotos von sich und Freunden aus der Künstlerszene, beim Feiern, beim Sex, beim Drogenkonsum.

Der Dokfilm von Laura Poitras (59) erzählt nun ihre bewegte Geschichte und begleitet Goldin gleichzeitig in ihrem Kampf gegen die superreiche Sackler-Familie, der die Pharmafirma gehörte.

Sie wirft den Sacklers vor, sich auf Kosten der Abhängigen bereichert zu haben, und gründete die Aktivistengruppe «P.A.I.N.». Diese veranstaltete in Museen wie dem Guggenheim in New York Protestaktionen im Guerillastil und verlangte von ihnen, fortan auf Spendengelder der Pharmafamilie zu verzichten. Die Sacklers hatten in grossem Stil Museumskunst subventioniert, in vielen Museen gab es sogenannte Sackler-Räume.

Poitras gelingt der heikle Spagat zwischen Persönlichem und Politischem. So gibt der Film Einblick in sehr persönliche Seiten aus Goldins Leben, etwa ihrem Kummer über den Suizid ihrer älteren Schwester, die von ihren Eltern als rebellisch in eine Klinik abgeschoben wurde, oder den Aids-Tod vieler ihrer Künstlerfreunde. Zugleich bettet der Film ihren Aktivismus in ihre Kunst ein, beschreibt, wie Fotografieren ein Weg sein kann, mit Trauer und Schmerz umzugehen.

Poitras hat schon mit ihrem brisanten Dok «Citizenfour» über die Flucht von Whistleblower Edward Snowden einen Coup gelandet und 2015 den Oscar geholt. Für ihren neuen Film erhielt sie den Goldenen Löwen in Venedig.

Und Goldin bekam recht: Purdue ging wegen vieler Zivilklagen Konkurs, die Sacklers mussten sich öffentlich entschuldigen. Die Opioid-Krise aber grassiert weiter.

All The Beauty And The Bloodshed

Dokumentarfilm

Mit Laura Poitras  

USA 2022, ab 27. April 2023 im Kino

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Von Antonio Gattoni am 2. Mai 2023 - 10:02 Uhr