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Kino – «The Zone of Interest»

Banalität des Bösen

«The Zone of Interest»: Eine Familie zelebriert die Idylle, unmittelbar neben dem KZ Auschwitz.

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Der Kommandant feiert Geburtstag, während nebenan Juden sterben.

Der Kommandant feiert Geburtstag, während nebenan Juden sterben.

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Antonio Gattoni

Wie soll man mit Bildern etwas so Schreckliches wie den Holocaust darstellen? Steven Spielberg fand mit «Schindlers Liste» (1993) einen Weg, indem er vieles nur andeutete und dem Bösen eine positive Geschichte gegenüberstellte: die versuchte Rettung der Juden durch den Industriellen Oskar Schindler. Mit einer besonders radikalen Methode arbeitet auch Jonathan Glazer in «Zone of Interest»: Das Grauen ist hier vor allem in Schreien und Schüssen ausserhalb des Bildes präsent. Der Schauplatz ist ein idyllisches Haus am Fluss direkt neben dem KZ Auschwitz.

Hier wohnt KZ-Kommandant Rudolf Höss (Christian Friedel) mit seiner Frau Hedwig (Sandra Hüller) und ihren Kindern. Es ist ein scheinbar harmonisches Familienleben. Sie gehen baden, der Vater spielt mit den Kindern, liest ihnen Märchen vor, die Mutter pflanzt Gemüse an. Gelegentlich bringt Höss Kleider heim, von KZ-Insassen.

Und es sind Schreie zu hören. Damit beginnt das Unheimliche für die Zuschauenden: Wie kann es Familienglück geben, während nebenan tausende Menschen ermordet werden? «Das ist unser Zuhause, davon haben wir doch immer geträumt», sagt Hedwig trotzig.

«Zone of Interest» ist ein Drama über die «Banalität des Bösen», wie es Hannah Arendt 1961 formulierte. Der Vater tut so, als ginge er in die Fabrik arbeiten, die Mutter will nicht wissen, was nebenan passiert. Leid und Unmenschlichkeit werden ausgeblendet, in einer Art funktionaler Gleichgültigkeit. Das wird klar, als Techniker mit Höss die Funktion des Ofens besprechen: Sie reden von Erhitzen, Abkühlen, Entladen, Nachladen und von Menschen als Ladung. Und so tauchen vor dem geistigen Auge all die Bilder auf, die wir mit den Schreien assoziieren, auch wenn das KZ nur als Mauer sichtbar ist.

Glazer inszeniert dies nüchtern – mit Kameras, die er wie Videokameras im Haus installierte, und mit einer beklemmenden Tonspur. Einzig gegen Ende weicht er vom Schauplatz ab, was etwas schade ist.

Der Londoner hat schon mit «Under the Skin» (2013) irritiert – einem quecksilbrig rätselhaften Sci-Fi-Thriller, in dem Scarlett Johansson als männermordendes Alien durch Schottland zieht. «Zone of Interest» ist ähnlich radikal und wurde für 5 Oscars nominiert, u.a. für den «Besten Film».

The Zone of Interest

Drama

Darsteller: Christian Friedel, Sandra Hüller

GB/USA 2023, ab 29. Februar 2024 im Kino

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Von Antonio Gattoni am 28. Februar 2024 - 11:47 Uhr