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Kino – 95. Oscarverleihung

David versus Goliath

In der Nacht vom 12. auf den 13. März kommt es wieder zum Duell kleinerer Filme gegen populäre Kinohits wie «Avatar 2».

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Everything Everywhere All At Once

Jamie Lee Curtis und Michelle Yeoh in «Everything Everywhere All At Once».

IAC Films
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Antonio Gattoni

Eine Ohrfeige war das Zückerchen eines langen Abends. Als Will Smith, provoziert durch die blöden Sprüche über seine Ehefrau, auf die Bühne stürmte und dem baffen Chris Rock eine verpasste, war die Filmwelt geschockt. Die brachiale Revanche des «Bad Boy» blieb das denkwürdigste Ereignis der Oscars 2022. Die Folgen für Smith: das Ende der Academy-Mitgliedschaft und ein zehnjähriges Oscarverbot.

Wer aber erinnert sich noch an den Gewinner des besten Films? Es war «CODA», ein US-Remake des französischen Hits «Verstehen Sie die Béliers?» (2014). Ein gut gemeinter Film, gespielt von Gehörlosen und produziert von Apple+, der aber nicht lange haften bleibt.

Arthouse-Filme, die gewinnen, Kassenhits, die leer ausgehen oder nicht nominiert sind, das war schon immer ein Knackpunkt der Oscars.Das dürfte nun auch bei der 95. Oscarverleihung in der Nacht vom 12. auf den 13. März im Dolby Theatre in L. A. wieder so sein.

Es treten teure Publikums-Hits wie «Avatar 2» und «Top Gun: Maverick» gegen kleinere Filme wie das Dirigentendrama «Tár» und die Sci-Fi-Komödie «Everything Everywhere All at Once» an.

Populäre Filme sind gut, um möglichst viele Menschen vor den Fernseher zu locken. Die grössten Reichweiten der letzten 20 Jahre gab es 2000 mit «Titanic» (46,3 Mio. TV-Zuschauer), 2004 mit «Herr der Ringe 3» (43,5 Mio.) und 2010 mit «Avatar» (41,7 Mio.). Nach dem Tiefpunkt im vergangenen Jahr (16,6 Mio.) hat die Show nun einen Popularitätsschub dringend nötig.

Eigentlich hätten James Cameron (68) und Tom Cruise (60) einen Oscar nur schon verdient, weil sie das Kino fast im Alleingang aus dem Corona-Sumpf gezogen haben. «Avatar 2» ist mit 2,26 Mrd. Einnahmen der dritterfolgreichste Film aller Zeiten (1 Mio. Zuschauer bei uns – gigantisch!). Und «Top Gun: Maverick» liegt in der Schweiz bei 623 000 Kino-Eintritten.

Doch Cameron erinnert sich nur ungern an die Oscars 2010 zurück, als sein «Avatar» gegen den Irakkriegsfilm «Hurt Locker» seiner Ex-Frau Kathryn Bigelow verlor. «Die Oscars sind ein wenig elitär, es ist lange her, dass ein Publikums-Hit gewonnen hat», so Cameron. Tom Cruise dagegen ist als bester Darsteller gar nicht nominiert, hat noch keinen Oscar gewonnen.

Favorit beim besten Film ist aber nicht etwa «Avatar 2», sondern «Everything, Everywhere All at Once», den bei uns bisher erst 27 000 Leute gesehen haben. Mit elf Nominationen und als Gewinner bei der Produzenten- und Schauspielergilde hat der wilde Ritt ins Multiverse gute Oscar-Chancen: etwa das Regieduo Daniel Kwan und Daniel Scheinert oder Hauptstar Michelle Yeoh (60).

Yeoh, Miss Malaysia 1983, startete in den 80er-Jahren als Martial-Arts-Star («Crouching Tiger, Hidden Dragon») durch, wurde 1997 zum Bondgirl und könnte als erste asiatische Frau einen Haupt-Oscar gewinnen. Vieles deutet auf ein Asienjahr hin wie 2020, als der südkoreanische Film «Parasite» abräumte. Neben Yeoh sind fünf weitere asiatischer Abstammung nominiert.

Woher diese internationale Ausrichtung? Die Academy hat inzwischen 10 669 Mitglieder, ein Drittel mehr als vor sechs Jahren. Sie ist diverser aufgestellt, weiblicher, internationaler. Das erklärt, weshalb auch Filme wie der deutsche Antikriegsfilm «Im Westen nichts Neues» nominiert wurden.

Yeohs härteste Konkurrentin ist Aussie-Star Cate Blanchett (53), die auf ihren dritten Oscar hofft. «Tár» ist der cineastisch wohl kompletteste Film, geriet aber (zu Unrecht!) in die Kritik, weil Blanchetts Dirigentin in einer Männerdomäne einen Absturz erlebt.

Bei den Männern tritt Elvis-Double Austin Butler (31) gegen Insel-Einfaltspinsel Colin Farrell (46) und gegen Brendan Fraser (54) im Fatsuit an. Ein enges Rennen.

Damit es 2023 keine Ohrfeigen mehr hagelt, hat die Academy ein Krisenteam gebildet, das Störungen verhindern soll. Im Grunde aber sind solche Eklats genau das, was die etwas träge Show aufpeppt. 

G&G Spezial: Osca-Gala, live von der Preisverleihung in Los Angeles
Sonntag, 12. März 2023, 0.20 Uhr SRF2

Jimmy Kimmel

Jimmy Kimmel moderiert die Award-Show zum dritten Mal. 

Scott Diussa / A.M.P.A.S.
Die Nominierten

Bester Film

«Avatar:The Way of Water»
«The Banshees of Inisherin»
«Elvis»
«Everything Everywhere All at Once»
«The Fabelmans»
«Tár»
«Top Gun: Maverick»
«Triangle of Sadness»
«Im Westen nichts Neues»
«Women Talking»

Beste männliche Hauptrolle

Austin Butler («Elvis»)
Colin Farrell («The Banshees of Inisherin»)
Brendan Fraser («The Whale»)
Paul Mescal («Aftersun»)
Bill Nighy («Living»)

Beste weibliche Hauptrolle

Ana de Armas («Blonde»)
Cate Blanchett («Tár»)
Andrea Riseborough («To Leslie»)
Michelle Williams («The Fabelmans»)
Michelle Yeoh («Everything Everywhere All at Once»)

Beste männliche Nebenrolle

Brendan Gleeson («The Banshees of Inisherin»)
Brian Tyree Henry («Causeway»)
Judd Hirsch («The Fabelmans»)
Barry Keoghan («The Banshees of Inisherin»)
Ke Huy Quan («Everything Everywhere All at Once»)

Beste weibliche Nebenrolle

Angela Bassett («Black Panther: Wakanda Forever»)
Hong Chau («The Whale»)
Kerry Condon («The Banshees of Inisherin»)
Jamie Lee Curtis («Everything Everywhere ...»)
Stephanie Hsu («Everything Everywhere All at Once»)

Beste Regie

Todd Field («Tár»)
Daniel Kwan, Daniel Scheinert («Everything Everywhere ...»)
Martin McDonagh («The Banshees of Inisherin»)
Ruben Östlund («Triangle of Sadness»)
Steven Spielberg («The Fabelmans»)

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Von Antonio Gattoni am 9. März 2023 - 08:00 Uhr